Berichte von 07/2015

01Juli
2015

Canada Day

Am 1. Juli ist in Kanada Nationalfeiertag.

Diesen gibt es bereits seit 1879, doch erst seit 1982 heißt er Canada Day.

In Courtenay wurde er mit einem großen Umzug durch die Innenstadt und weiteren Festivitäten begangen.

Wo sind noch mal am 3. Oktober die wir-freuen-uns-Deutsche-zu-sein-und-dass-Ost-und-West-wieder-vereint-sind-Feiern?

Ach stimmt, wir brauchen dazu immer eine Sportveranstaltung. Oder Fasching.

01Juli
2015

Herausforderungen eines Reisenden

Ich habe mir eine schöne Strecke herausgesucht und möchte diese jetzt online buchen:

  • von Calgary mit dem Bus in die Rockies nach Banff; 1-2 Nächte gucken, ob es noch so aussieht wie beim 1. Besuch 1992

  • weiter mit dem Bus den Rockies-Highway 93 hoch nach Jasper

  • dort 3-4 Nächte bleiben, weil es laut Hörensagen so schön ist

  • mit dem Zug von Jasper an die Küste nach Prince Rupert mit Zwischenübernachtung in Prince George; Top-Empfehlung aus meinem Lonelyplanet-Reiseführer

  • Übernachtungen in Prince Rupert

  • von Prince Rupert mit der Fähre nach Port Hardy im Norden von Vancouver Island (14-stündige Fahrt durch die Fjorde und Inseln der Westküste, bekannt als „Inside Passage“)

  • Übernachtungen in Port Hardy

  • mit dem Wasserflugzeug von Port Hardy nach Vancouver

  • Übernachtungen in Vancouver

 

Übernachtungen: In Banff ist etwas frei, muss noch überlegen, ob in einem der beiden Hostels downtown oder im HI-Hostel 2 km außerhalb; dort gibt es gratis Buskarte, und es sind nicht so viele Partybilder auf der Webseite. Jasper: Billigste Übernachtung knapp 200 Euro?!? Kann doch nicht sein, habe mich bestimmt vertippt. Nee, doch nicht … Ist Ferienzeit in Kanada, und Jasper ist nicht so groß. Mal Hostelworld probieren. Ja, Es gibt noch was Billigeres. Ist aber außerhalb und ich habe kein Auto. Oder doch Auto mieten? Ist aber nur für ein paar Tage, und ich muss ziemlich viel fürs Droppen (Abgabe an einem anderen Standort) bezahlen. Dann kostet mich das Auto 70 Euro pro Tag bei billiger-mietwagen. Nee, das ist mir zu viel. Dann muss ich umdisponieren. Nur 1 Nacht in Jasper zum Umsteigen vom Bus in den Zug. Wann fahren eigentlich die Züge? Sonntag, Mittwoch und Freitag. Im Zug ist auch noch etwas frei; zwar nicht mehr die günstigste Klasse, aber ok. Bin ja so schnell nicht wieder hier. Dann fahre ich Freitag/Samstag Zug, und bleibe dafür in Banff 3 Nächte. Ist dort das Zimmer so lange frei? Ja, Gottseidank. Bus sollte auch jeden Tag fahren. Also nur 1 Nacht in Jasper, hier gibt es auch noch 2 bezahlbare Zimmer, eines für 140$ und eines für 119$. Mist, beide haben 2-Day-Policy, d.h. Minimum ist 2 Nächte. Das nützt mir nichts. Ich mail die mal an, ob sie das Zimmer mir nicht doch für 1 Nacht geben. Sonst muss ich halt ein teures nehmen. Prince George? Ist nur 1 Nacht während der Zugfahrt, da kann ich mal 70 Euro ausgeben. Prince Rupert? Wann fährt eigentlich die Fähre? Alle 2 Tage. Dann bleibe ich 3 Nächte, 1 ist mir zu kurz, weil ich spät ankomme und früh los muss. Oh, in der unteren Preiskategorie nur noch 1 Hostel, und nicht mehr viel frei. Das müsste ich bald buchen. Port Hardy? Entspannt, 2 gut bewertete Hostels noch frei. Vancouver? Wie war das noch? In Victoria hatten sie sich doch über die Hostels unterhalten. Welches war noch das tolle, und welches das mit den kleinen Betten? Mist, kann mich nicht erinnern. Soll ich den Kollegen noch mal an-WhatsAppen? Och, das HI Hostel hier ist zentral und sieht nett aus, das nehm` ich. Von Port Hardy nach Vancouver will ich das Wasserflugzeug nehmen. Nun hat Terry, den in der Pizzeria in Cumberland kennengelernt habe, mir gesagt, dass er nicht glaubt, dass auf der Strecke ein Wasserflugzeug fliegt. Aber die haben doch so ein schönes Bild auf Ihrer Webseite. Also gut, ich mail die mal an. Die Fähre buche ich auch gleich mal. Hmmm, die haben nur so ein schwer zu findendes Antragsformular zum Ausfüllen auf Ihrer Seite. Dort muss ich meine Kreditkarteninformationen angeben, es steht aber nicht da, wie viel sie abbuchen. Egal, man muss vertrauen können. Was ist eigentlich konkret mit dem Bus von Calgary nach Banff und von Banff nach Jasper, habe ich noch gar nicht geguckt. Greyhound müsste dort doch fahren. Nach Banff: ja. Nach Jasper: nur über Calgary und Edmonton! Das ist so, als wenn man von Nürnberg nach München über Köln-Frankfurt-Stuttgart fährt. Greyhound scheidet also aus.Wenn da jetzt keiner fährt, kann ich alles wieder umschmeißen. Oder muss doch ein Auto nehmen. Ah, Brewster scheint die Strecke zu fahren. Gleich mal buchen. Oh, der Browser zeigt die Seite nicht an, weil er das Zertifikat nicht erkennt. Anderer Browser: Zeigt die Seite nur teilweise an, aber nicht so, dass ich was buchen könnte. Keine Lust, einen dritten Browser zu installieren. Ich ruf die an und buche übers Telefon. Mit dem Handy zu teuer, aber das Hostel bietet Freecalls in Canada und US. Hat geklappt, gut. Ah, hier die erste Mail der Hotels in Jasper. Mist, die vermieten nicht für 1 Nacht, bieten aber Hilfe bei der Suche an. Bleibt 1 Eisen im Feuer. Oh, hier schreiben die Flugzeugleute aus Port Hardy. Ist tatsächlich kein Wasserflugzeug. Danke, Terry. Ich buche es aber trotzdem, habe nicht wirklich eine Wahl. Und hier auch die 2. Hotel-Mail aus Jasper: Gottseidank, sie vermieten für 1 Nacht. Das war der kritische Punkt, und der ist damit gelöst. Kreditkarteninfo per Mail gewünscht? Ungern, aber Augen zu und wenigstens auf 2 Mails gesplittet … Kreditkartennummer stimmt nicht? Kann doch nicht sein. Ups, 1 Ziffer war falsch, noch einmal geschickt. Mail von den Ferry-Leuten: Ich hätte bei Expiry Date 03/15 angegeben, die wäre dann doch schon ungültig. Stimmt, muss auch 03/16 heißen. Noch mal geschickt und gut. Bin schon ganz tüddelig. Noch schnell die fehlenden Hostels gebucht und …

… FERTIG!!!

04Juli
2015

Calgary

Calgary liegt in der kanadischen Provinz Alberta (sprich: Ollbördda), also rechts von den Rocky Mountains, hat 1,1 Mio. Einwohner, war 1988 Gastgeber der olympischen Winterspiele, und lebt von der Öl- und Gasindustrie.

Calgary hat einen lausigen Ruf, sowohl in Kanada als auch bei Reisenden.

Ich habe mich mal offen der Stadt angenähert.

Calgarys Innenstadt ist von Wolkenkratzern geprägt, hat aber mit der Stephen Street eine Fußgängerzone, was in nordamerlkanischen Städten keine Selbstverständlichkeit ist. Hier findet sich auch die Kneipen- und Kunstszene.

Calgary hat einen gut mit Fuß- und Radwegen ausgebauten grünen Bereich entlang des Bow Rivers, der durch die Stadt fließt.

Um die riesigen Shopping Malls zu finden, muss man allerdings manchmal durch unscheinbare kleine Türen gehen, die jeden Hinweis vermissen lassen, welche Welten sich hinter ihnen eröffnen.

Spontane winterliche Verhältnisse durch Hagelschauer sind nicht ausgeschlossen.

Mir gefällt Calgary.

 

05Juli
2015

The Greatest Outdoor Show on Earth ...

... so nennen die Calgaryaner ganz unbescheiden ihre Stampede.

Wenn ich Stampede höre, denke ich an alte Western, in denen riesige unkontrollierbare Büffelherden alles niederwalzen, was sich ihnen in den Weg stellt.

Hier sind es halt keine Büffel, sondern Cowboys und Touristen.

Habe ich zumindest gedacht.

Was ist die Calgary Stampede wirklich?

Sie findet im Stampede Park statt, das ist eine Art Messegelände mit viel Freifläche, Messehallen und dem Saddle Dome als Sport- und Veranstaltungshalle.

Rodeo ist der Kern des Ganzen, hier werden in den 10 Tagen der Veranstaltung in 6 Konkurrenzen 2 Mio. $ Preisgeld ausgeschüttet.

Es gibt den obligatorischen Rummelplatz mit Essen, Trinken, Karusells. Der Alkoholausschank ist allerdings erklärungsbedürftig für Europäer. In Kanada dürfen ausschließlich lizensierte Geschäfte Alkohol verkaufen. D.h. in keinem Supermarkt findet man Alkohol, sondern nur in den sogenannten "Liquor Stores". Und auf der Stampede gibt zu diesem Zweck umzäunte Kneipen, und genau da und nur da darf Alkohol getrunken werden. Hat irgendwie was.

Die Stampede bietet aber zu meiner Überraschung viel mehr:

  • eine Verbraucherausstellung, auf der alle nützen und unnützen Dinge angeboten werden
  • die Western Oasis, eine Kunstausstellung mit Wine Tasting und einer kleinen Country Music Bühne
  • tolle Indoor Tanz- und Akrobatik-Shows mit dem Cirque Eloize
  • ein Tippi-Gelände mit indianischen Exponaten und Shows
  • aber natürlich auch ein Bierzelt mit guter aber zu lauter Covermusik.

Für jeden etwas dabei.

Standarddress ist kariertes Hemd, Jeans, Cowboystiefel, Cowboyhut.

Kariertes Hemd und Jeans hatte ich dabei ...

Stampede - find´ ich gut.

 

08Juli
2015

Banff

In den kanadischen Rockies gibt es 3 zentrale Orte. Das sind – von Süden nach Norden – Banff, Lake Louise und Jasper.

Von Calgary war ich die knapp 2 Stunden mit dem Bus nach Banff gefahren. Banff ist der größte der 3 Orte und sehr aufgeräumt. Durch Banff fließt - wie durch Calgary - der Bow River. In und um Banff kann man gut wandern, in Banff gut shoppen, essen und trinken. In Banff könnte ich es länger aushalten.

Im Hostel hatte ich einen Kanadier und zwei Holländerinnen kennengelernt, und bin am nächsten Tag bin mit Ihnen den örtlichen Sulphur Mountain hochgelaufen, und auch wieder runter. Beide Wege wären auch per Gondel möglich gewesen. Von oben hat man einen schönen Blick über Banff.

Hier gibt es Bären. Eine der Holländerinnen war auf der ausgebauten Straße vom Hostel in die Stadt zu Fuß unterwegs, dabei passiert man ein kleines Waldstück. Auf einmal vernimmt sie ein knurrendes Geräusch aus einem Busch direkt neben der Straße. Und sieht keine 2 m entfernt … einen Bären! Zum Glück war es ein kleiner, aber man weiß ja, wo ein kleiner Bär ist, ist der große auch nicht weit.

Da helfen einem die ganzen Tipps nichts, wie

  • prophylaktisch Geräusche machen

  • kein Augenkontakt

  • nichts zum Essen hinwerfen

  • nicht rennen

  • langsam entfernen

  • oder Bärenspray.

Bären können sehr schnell laufen und klettern. D.h. Wenn der Bär Dich kriegen will, dann kriegt er Dich. Bären sind fast Vegetarier und leben von Beeren.

Sich tot zu stellen funktioniert übrigens nur bei Grizzlies, nicht bei Schwarzbären.

Blöd, wenn man in der Hektik die Zuordnung falsch trifft ...

09Juli
2015

Transportation-Vierkampf, die 1.: mit dem Bus nach Jasper

Innerhalb von 8 Tagen fahre ich mit

  • Bus

  • Zug

  • Schiff

  • Flugzeug

durch British Columbia, der westlichsten der kanadischen Provinzen. Das ist der sogenannte „Transportation-Vierkampf“.

Zumindest nenne ich ihn hier mal so.

1. Disziplin: Bus

Von Banff hatte ich eine Busfahrt für die 290 km über den Icefields Parkway (Highway 93) nach Jasper gebucht. Es gibt auf dieser Strecke neben Schönheit viele Sehenswürdigkeiten, und daher habe ich die Tour upgegradet auf eine 9-stündige Guided Tour.

Wetter war sehr gut, Tour auch.

Wir sahen (für die Ortskundigen)

  • Lake Louise

  • Peyto Lake

  • Columbia Icefield

  • Glacier Skywalk

  • Athabasca Falls.

 

Lake Louise:

Gletscher mit -see und großem altehrwürdigem Fairmont Hotel.

Peyto Lake:

Gletscher mit See.

Columbia Icefield:

15-minütiger Spaziergang auf einem Gletscher; Fahrt dahin mit 6-Rad-getriebenen Gletscherbussen.

Athabasca Falls:

Wasserfälle.

Glacier Skywalk:

Ich habe Höhenangst. Als ich Anfang des Jahres in Neuseeland im Abel Tasman National Park wandern war, stieß ich auf eine schmale Hängebrücke. Da Umkehren keine Option war: Blick starr auf die andere Seite gerichtet und schnellen Schrittes rüber. Ich merkte aber bei weiteren Wanderungen, dass ich von Hängebrücke zu Hängebrücke entspannter wurde.

Und jetzt der Glacier Skywalk: 30 m horizontal über die Schlucht ragend, lediglich 3,5 cm Plexiglas trennen einen von 300 m Abgrund.

And … I made it! Ohne Panik und Beklemmungen. Ich bin stolz wie Bolle.

(Muss nur noch sehen, in welcher Ärztezeitschrift ich meine „Hängebrücken-Therapie“ gegen Höhenangst veröffentliche.)

10Juli
2015

Transportation-Vierkampf, die 2.: mit dem Zug nach Prince Rupert

Zugfahren in Kanada ist anders.

Kanada hat 52.000 Schienen-km, Deutschland zum Vergleich 33.500. Nur ist Kanada 28 mal so groß wie Deutschland, bei 35 Mio. Einwohnern.

1.200 km der Schienenstrecken wollte ich bereisen: Von Jasper in den Rocky Mountains Richtung Westen nach Prince Rupert am Pazifik.

Zunächst zum Zug: Waggons aus den 50er Jahren, Retro-Sitze aus einer Generalrenovierung von 1990. Mit mechanisch ausklappbaren Unterschenkelstützen, herrlich.

Aber auch: Steckdosen am Platz, und eine computergestützte Toilettenspülung, die laut Aussage unserer Zugbegleiterin Diane 1-mal am Tag gebootet werden muss. Und wenn 1 Toilette eine Fehlfunktion hat, funktionieren die anderen auch nicht mehr.

Wir freuen uns auf die insgesamt 20-stündige Fahrt.

Der Zug besteht aus 1 Lokomotive und 3 Waggons: Gepäck, Fahrtgäste, Panorama/Catering.

Wir waren 56 Fahrgäste, wobei die 29 Japaner nach 1 Stunde ausstiegen.

Die 27 verbliebenen Taschen und Koffer verlieren sich etwas in dem riesigen Gepäckwagen, wie wir später bei einer Besichtigung feststellten.

Einmal hielt der Zug mitten auf der Strecke, um eine Mutter mit ihren 4 Kindern an ihrer Farm rauszulassen.

Pünktliche Ankunft um kurz nach 19h in Prince George. Overnight Stop, Hotel hatte ich wie gewünscht vorher gebucht.

Abfahrt war für den nächsten Morgen um 08:00h geplant, aber lieber vorher durchrufen, ob der Zug Verspätung hat. Wir erhalten die Rufnummer handgeschrieben auf einem Notizzettel.

Wie empfohlen rief ich am nächsten Morgen um 7 Uhr am Bahnhof an:

Guten Morgen, ich wollte fragen, wann der Zug nach Prince Rupert heute abfährt.“

Please be here at twelve thirty.“

So check in for the train is at twelve thirty, one-two-three-o?“

Yes.“

Per Mail hatte ich die Informationen über die Verspätung ebenso erhalten, die Abfahrt war zunächst auf 13:40h, dann auf 13h taxiert worden.

Es stellte sich heraus, dass unser Lokführer für den 2. Tag am Abend vorher mit großer Verspätung eingetroffen war und seine 10-stündige Ruhepause einhalten musste.

Die Bahn in Kanada ist seit Beginn der 90er privatisiert, da ist so etwas nichtkurzfristig lösbar.

Die Rezeptionistin im Motel verlängerte meinen Checkout freundlicherweise von 11h auf 12h.

Es war Viertel nach 7, und ich war bereit für mein Tagwerk. Die Verspätung von 5 Stunden bremste mich zunächst etwas aus, doch ich nutzte diese für Reiseplanung, Einkaufen, Mittagessen.

Ankunft in Prince Rupert war ursprünglich 20:25h, jetzt halt 01:25h. Who cares?
(Eventuell die deutsche Familie, die um 6h schon wieder an der Fähre sein muss.)

Das sind sämtliche Abfahrten der 72.000-Einwohner-Stadt Prince George: 6 Abfahrten pro Woche, je 2 Donnerstag, Samstag und Montag.

 

 

Also, um 13h saßen alle brav im Zug. Alle? Nein, alle bis auf zwei. Mutmaßung: Die hatten nur die erste Mail gelesen mit der Abfahrt um 13:40h, nicht die zweite mit 13h. Um 13:10h wurde entschieden: Wir fahren.

Nach 1 km Fahrt kam ein Funkspruch, dass die beiden fehlenden Fahrgäste nun am Bahnhof seien. Der Zug hielt, und eine Bahnangestellte brachte die beiden mit ihrem Auto auf der freien Strecke zum Zug. Um 13:25h hieß es „Boarding completed!“ und es ging weiter.

In Kanada haben Frachtzüge Vorrang gegenüber Personenzügen. Große Teile der Schienenstrecken sind einspurig, und da muss halt einer warten. Nämlich der Personenzug. Bei einem der entgegenkommenden Frachtzüge habe ich gestern 188 Waggons gezählt. D.h. der Zug war gute 2,8 km lang.

Diane erzählte später in einer Ihrer Bahn-Anekdoten, dass die Frachtzüge häufig 2 Meilen lang sind, das sind 3,2 km!

Es waren viele Frachtzüge unterwegs, und so verloren wir auf der Fahrt weitere 4 Stunden und kamen mit 9,5 Stunden Verspätung in Prince Rupert an.

Morgens um 6h.

Zugfahren in Kanada ist anders.

 

12Juli
2015

Prince Rupert

In Prince Rupert wurde dann auch klar, warum der Frachtverkahr solch hohe Priorität auf der Bahnstrecke hat.

Prince Rupert liegt im Nordwesten Kanadas am Pazifik, hat 12.000 Einwohner, und einen eisfreien Containerhafen.

Prince Rupert, lebte einst von Fisch- und Holzindustrie, die allerdings in den 90er Jahren massiv einbrachen.

Man verlegte sich auf Tourismus, Kreuzfahrtschiffe, und eben Containerschiffe. Die lokale Politik bemerkte mit dem Erstarken der asiatischen und v.a. des chinesischen Marktes, dass Prince Rupert derjenige Seehafen in ganz Nordamerika ist, der die kürzesten Seewege in die asiatischen Metropolen hat (Tokio, Shanghai, Hongkong).

(Das muss man sich wieder auf dem Globus ansehen, auf der (verzerrenden) Landkarte würde man es nicht für wahr halten.)

Und da der Zugtransport mit deutlich weniger Kosten verbunden ist als der Schifftransport, hat man in Prince Rupert einen Wettbewerbsvorteil erkannt. Und entschied 2004, dass man den Containerumschlag bis 2020 vervierfachen will.

Nun wird klar, warum 30 Touristen, die mit dem Zug auf dem Weg nach Prince Rupert sind, öfter mal auf dem Wartegleis landen.

Prince Rupert hat übrigens eine jährliche Niederschlagsmenge von 2500 mm, dass ist exakt die 4-fache Menge von Erlangen.

14Juli
2015

Transportation-Vierkampf, die 3.: Inside Passage

Diese Fährfahrt habe ich um ihrer selbst Willen gebucht, und nicht, um nach Port Hardy auf Vancouver Island zu gelangen.

Jeder, der sich als Tourist mit Westkanada beschäftigt, stößt auf die Inside Passage. Warum "Inside"? Weil man 16 Stunden zwischen gebirgigen bewaldeten Inseln und gebirgigem bewaldeten Festland fährt.

4:30h aufgestanden, 5:30h an Anleger, 7:30h los.

Autofähre, sehr hoch- und neuwertig, Flensburger Qualitätsarbeit, wie sich herausstellt, und die Queen passt auch auf uns auf.

Maximal entspannend, das Ganze: Den schönen Blick auf Wasser und Landschaft durch die großen Panoramafenster genießen, lesen, in den modernen und bequemen Sesseln ein Nickerchen machen. oder im Bordrestaurant etwas für´s leibliche Wohl tun.

So lässt es sich aushalten.

 

Und wir bekamen Buckelwale und sogar Orcas zu sehen!

Pünktlich angekommen sind wir auch.

(Auf dem Wasser ist halt mehr Platz als auf so einem Gleis.)

15Juli
2015

Port Hardy

Port Hardy hat 4.000 Einwohner und ist die nördlichste Stadt Vancouver Islands.

Dies wiederum ist die Insel vor der Westküste Kanadas, auf der ich meine Reise begonnen hatte. In Viktoria, 500 km entfernt am Südende gelegen.

Port Hardy ist ein netter Ort am Wasser, kämpft aber offensichtlich mit wirtschaftlichen Problemen. Viele Geschäfte stehen leer, viele Gebäude befinden sich in schlechtem Zustand.

Im meinem Dormitory wohnte auch Sam, 64, aus Kalifornien. Er hat mir eine etwas abenteuerliche Geschichte über seine jüngste berufliche Vergangenheit erzählt, die hier aber den Rahmen sprengen würde.

Auf jeden Fall jobbt er jetzt im Hostel, und war vorher im Bergbau-Geschäft unterwegs. Er erklärte mir, dass in nahen Bergen noch immense Vorkommen von Kupfer lagerten, und kein Investor sich das Kupfer holen wolle. Daher liefe es in Port Hardy so schlecht.

Mein Taxifahrer zum Flughafen, der von Haus aus Forstwirt ist, aber auch im Bergbau-Geschäft gearbeitet hatte, berichtete: Ja, es gäbe noch Kupfer; aber die Gesellschaft hätte eine große Mine in Chile, und was dort mangels Qualität im Müll lande, wär noch besser als das, was sie hier abbauen könnten. Klingt plausibel.

In Internet findet man zu dem Thema so recht gar nichts.

Mysteriös.

À propos Taxifahrer: Zum 12 km entfernten Flughafen gab es keine öffentlichen Verkehrsmittel, ich benötigte also ein Taxi. Klingt nicht so kompliziert, machte aber alle Beteiligten im Hostel sichtlich nervös. Ich solle mindestens 1 Stunde, besser 2 Stunden vorher dort anrufen.

Gesagt, getan: Habe über die Hostel-Rezeption um 10h das Taxi für 12:30h bestellt. Sam fragte noch mal nach, und versicherte mir, dass er ab 12h wieder im Haus sei, um zu unterstützen. Na meinetwegen, aber ich bin doch schon groß, und Taxi fahren bekomme ich in der Regel ganz gut alleine hin.

Sam war da, und nuckelte ab 12:15h nervös an seiner Zigarette.

"Wann geht Dein Flieger?"

"14:35h, einchecken soll ich bis 13:50h"

(Vom Flughafen Port Hardy fliegen alle 2 Stunden 20 Leute weg. Ist also überschaubar.)

"Hmm."

Um 12:25h meint Sam: "Ich ruf da jetzt an."

" Aber wir haben das Taxi doch für 12:30h bestellt; sollten wir ihm nicht die Chance geben, pünktlich zu sein?"

"Hmm."

Um 12:32h rief Sam an. Laut seiner Aussage war die Antwort der Taxizentrale auf seine Nachfrage:

"We have to think about it."

("What?!?!?")

Sie dachten also etwas nach, und schickten das Taxi um 12:45h.

Sam erklärte mir währenddessen die Ursache seiner Nervosität. Sie hatten jüngst einen Gast, der ebenfalls zum Flughafen wollte. Dieser hatte das Taxi am Vorabend reserviert, und morgens einen Absicherungsanruf abgesetzt. Das Taxi kam aber nicht. Als er anrief, versicherte ihm die Taxizentrale, dass keine Reservierung vorläge.

Die Taxizentrale in Port Hardy verwaltet 3 Taxis.

 

16Juli
2015

Transportation-Vierkampf, die 4.: Flug nach Vancouver

Pacific Coastal hat ein nettes Wasserflugzeug auf seiner Webseite. Nach einer Nachfrage war aber klar, dass auf der Strecke Port Hardy-Vancouver keine eingesetzt werden.

Schade.

Dafür dieses mit Rädern bestückte Modell mit 30 Sitzplätzen, die aber an diesem Tag längst nicht alle verkauft worden waren.

Der Flug dauert 1 Stunde, und man überfliegt dabei die Inseln zwischen dem Festland und Vancouver Island.

Der Aus- und Anblick ist wirklich toll: Vorne die wie hingewürfelten Inseln der Gulf Islands, ...

... und hinten die schneebedeckten Bergkuppen der Coast Mountains.

Vierkampf beendet, der etwas komplexe Buchungsprozess hat sich gelohnt.

18Juli
2015

Vancouver

Vancouver liegt im Süden der kanadischen Pazifikküste.

Es hat 600.000 Einwohner, und ist damit nur etwas mehr als halb so groß wie Calgary. 30% der Einwohner sind chinesischer Abstammung, weshalb manche auch von Hongcouver sprechen. Vancouver entstand Mitte des 19. Jahrhunderts während eines Goldrausches. Auch hier waren schon viele Chinesen dabei. Bevor dann 1999 Hongkong kommunistisch wurde, entschieden sich wiederum einige, den Standort zu wechseln.

Vancouver ist bei den weltweiten Umfragen nach Städten mit hoher Lebensqualität regelmäßig weit oben in den Ranglisten zu finden. Ich kann das verstehen.

Vancouver ist von Wasser umgeben bzw. durchzogen. Und es ist gelungen, die "Waterfronts" komplett der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. D.h. überall am Wasser findet man Strände, Parks, Marinas, Radwege, Fußwege.

"Recreation Areas" ohne Ende.

D.h. egal wo in Vancouver man wohnt, in 15 Minuten ist man am Wasser. Und Richting Norden erreicht man die ersten Berge der Coast Mountains mit einer Höhe von 1.500 m bereits nach 30 Minuten Autofahrt.

Vancouver Downtown ist durch eine markante Skyline geprägt, die einen aber nicht erschlägt, sondern aufgelockert ist durch viel Grün, wechselnde Bauweisen, und ausladende Straßen inkl. Radwege. Ja, überall kann man sich als Radfahrer sicher fühlen, ich habe es heute ausprobiert.

Die Region hier hat in Kanada das mildeste Klima. Im Winter ist es nicht häufig unter 0 Grad.

All diese Fakten führen dazu, dass viele Menschen hier leben wollen. Begrenztes Angebot, hohe Nachfrage, was passiert? Wohnraum wird teuer. (Die Diskussion kennen wir doch ... Hab´ noch nicht rausfinden können, wie die Kanadier damit umgehen.)

Hier ein paar Eindrücke von Vancouver:

Anflug mit Blick auf Vancouver Downtown (unten), North Vancouver (oben; übrigens eine Stadt, und kein Stadtteil), und die Coast Mountains (ganz oben):

Vancouver Downtown mit dem Fairmont Hotel (alle diese alten tollen Hotelklötze scheinen hier Fairmont zu sein):

Canada Place mit Kreuzfahrt-Anleger:

Gastown (Altstadt):

Waterfront downtown (sieht aus wie ein Modell, ist aber echt):

Blick auf die Skyline Vancouvers vom Kitsilano Beach Park:

Blick auf die Skyline Vancouvers vom Jericho Beach Park:

 

Aber romantisch sind sie eher nicht.

Es gibt eine junge Dame aus Bronze (geb. 1972), die der kleinen Meerjungfrau in Kopenhagen ähnelt. Nur ist diese hier mit Flossen an den Füßen und Taucherbrille bestückt:

Die Figur symbolisiert die Verbundenheit Vancouvers mit dem Wasser, und heißt ganz pragmatisch "Girl in Wetsuit", also "Mädchen in Neoprenanzug":

 

20Juli
2015

Exkurs: Ruhe im Saal(!)

Die Schlafsäle, in den ich meistens nächtige, haben i.d.R. 4-6 Betten. D.h. es sind 3-5 fremde Menschen mit im Zimmer.

Manchmal auch keiner, wie 2 Nächte in Cumberland. Keine Kontakte, keine Geräusche.

In Neuseeland war ich mit einen jungen Kollegen im Zimmer, der wegen einer gebuchten Tour wohl um 5.30h auschecken musste. Er hatte seinen Wecker - mit einem für mein Empfinden fiesen Klingelton - auf 04:30h gestellt. Da er sich zu der Zeit noch nicht in der Lage sah, sein Tagwerk zu beginnen, drückte er noch 4 mal die Schlummertaste seiner Wecker-App, was zu entsprechend häufigem Auslösen seines - wie gesagt fiesen - Klingeltons führte.

Als er seinen Körper schließlich in eine Art aufrechte Position befördert hatte, begann er, seinen Rucksack zu packen. Mit allen seinen Reißverschlüssen und Plastiktüten.

Bis zu diesem Zeitpunkt hielt ich mich für tendenziell pazifistisch.

An diesem Morgen lernte ich, dass auch tief in mir ein Raubtier schlummert.

Kürzlich in Vancouver hatte ich 3 Geschäftsleute aus Uganda mit im Zimmer, die wegen eines Kongresses angereist waren. Sympathische intelligente Menschen (IT´ler wie ich), die allerdings noch mit Ihrem Jet Lag kämpften. Und schnarchten, 2 von 3.

Schnarchen ist ok, dafür habe ich ja Ohropax dabei. Nun waren die 3 aber um 4h früh wach und begannen, sich lautstark zu unterhalten. Ich konnte es zunächst nicht glauben, doch war es durch meine Ohropax hindurch deutlich zu vernehmen.

Manches auf dieser Welt verstehe ich nicht. Die 3 wissen, dass es mitten in der Nacht ist, und sie wissen, dass ich schlafe. Warum sind sie nicht leise?

Da ich mit einem Inder auf Hawaii diesen Konflikt auch schon hatte, hinterfrage ich mal meinen Denkansatz.

Gibt es vielleicht Kulturen, in der der Schlafende auf die Nichtschlafenden Rücksicht nehmen muss? Weil es z.B. kombinierte Schlaf-Wohn- oder Schlaf-Esszimmer für viele Familienmitglieder gibt, und der Schlafende einfach sehen muss, wie er zu seinem Schlaf kommt.

Ich weiß es nicht, bleibe aber am Ball. Für Hinweise bin ich dankbar.

Für den jungen Mann in Neuseeland gilt dieser Ansatz nicht, er war Holländer.

21Juli
2015

Flug nach Halifax

Ein Übernacht-Inlandsflug.

Das geht auch nicht überall.

Wie bastel ich mir innerhalb Kanadas einen 12,5-Stunden-Flug?

4,5 Stunden von Vancouver nach Toronto, 2 Stunden Aufenthalt in Toronto, 2 Stunden von Toronto nach Halifax, und dann noch die Uhr 4 Stunden vorstellen.

Fertig!

23Juli
2015

Canadian Durcheinander

Nova Scotia ist eine kanadische Provinz ganz im Osten gelegen. Es ist eine Halbinsel, ca. 700 km lang und 100 km breit.

Nova Scotia verläuft in Nordost-Südwest-Richtung (also oben rechts nach unten links), und das macht es schwierig.

Es gibt eine ca. 500 km lange Südostküste. Den Kanadiern war diese Bezeichnung aber offensichtlich zu lang. Also nannten sie die Hälfte nordöstlich von Halifax Ostküste, und die Hälfte südwestlich von Halifax Südküste.

D.h. die Ostküste und die Südküste liegen in einer Linie. Bis ich begriffen hatte, was mein Reiseführer mit Ostküste und mit Südküste meint ...

Mit den Straßen verhält es sich ähnlich. Die Highways von unten nach oben heißen alle "East", die von oben nach unten "West". Heute bin ich auf dem Highway 1 in nördlicher Richtung an die Westküste gefahren, der hieß aber auf einmal "East". Weil ich den Süden schon passiert hatte und wieder nach oben fuhr.

Alles klar?!?

In Kanada gibt es im Gegensatz zu den USA das Dezimalsystem. Fast überall.

Bei den Längeneinheiten werden Entfernungen und Höhen in Metern und Kilometern gemessen, Größen dagegen in feet und inch.

D.h. ich bin 6 feet 6 inch, und der nächste Pizza Hut ist 15 km weit weg auf dem 3954 m hohen Mount Robson und bietet Pizzen mit 9, 12, und 16 inch Durchmesser.

An der Tankstelle tankt man Liter, und nicht Gallonen (wie in USA). Zunächst frustrierend für diejenigen, die sich über den wahnsinnig niedrigen Spritpreis gefreut haben. (Ist aber immer noch günstig: 1 Liter Benzin kostet hier ca. 85 Eurocent.)

Die Größe des Kaffees oder des Biers wiederum bestimmt man in Ounces. Wobei Ounce eigentlich eine Gewichtseinheit ist, dagegen die Fluid Ounce eine Volumeneinheit.

Zurück zur Tankstelle: In USA und in Westkanada muss man erst bezahlen, und darf dann tanken. Wie geht das? Ich gehe in den Verkaufsraum und zahle den Preis der vorher von mir geschätzten Benzinmenge. Dann tanke ich, maximal so viel wie ich bezahlt habe. 2 Möglichkeiten, wenn ich zu viel geschätzt und gezahlt habe:

  1. Kreditkartenzahlung: Es wird nur das abgebucht, was ich an Benzin getankt habe. Auf Wunsch erhalte ich im Verkaufsraum einen Beleg.
  2. Barzahlung: Ich gehe zurück in den Verkaufsraum und lasse mir den Fehlbetrag auszahlen.

Heute war ich das erste Mal in Ostkanada tanken. Und wollte vorher bezahlen.

War aber falsch:

"Nein, bitte tanken Sie erst, und zahlen dann."

"Ja, aber ..."

"Wir vertrauen unseren Kunden. Und ... machen Sie sich keinen Kopf, jeder Tourist und jeder Westkanadier kommt hier vorher rein, um zu zahlen."

Diese ganze Umrechnerei zwischen Liter und Gallonen und Kilo und Pound und die Verkettung unglücklicher Umstände und Entscheidungen hat zur Geschichte des "Gimli Glider" geführt: 1983 ist einer Boeing 767-200 der Air Canada auf dem Flug von Montreal nach Edmonton mit 69 Menschen an Bord der Sprit ausgegangen. Die Piloten waren aber des Segelfliegens mächtig und versuchten so ihr Glück. Auch erinnerten sie sich an den Militärflughafen Gimli in der Nähe mit einer geeigneten Landebahn. Nur: An dem Tag fand auf dieser Landebahn ein Familienfest mit Dragsterrennen u.a. statt. Wie durch ein Wunder schafften es die beiden Piloten den Flieger - mit eingeknicktem Bugrad - zu landen, ohne einen Verletzten innerhalb oder außerhalb des Flugzeuges.

Quelle thestar.com

Die Piloten wurden suspendiert, das Flugzeug flog noch weitere 15 Jahre im Dienste der Air Canada und stand 2013 zur Versteigerung.

Allerdings ohne einen Käufer zu finden.

 

24Juli
2015

Halifax

Vancouver legt die Latte sehr hoch, und Halifax kann bei einem Vergleich nur den Kürzeren ziehen.

Tut es auch, und doch hat es Charakter und man kann seine Zeit dort gut verbringen.

Dem Großraum Halifax werden 390.000 Einwohner zugeordnet, wobei ich die auf einer Halbinsel liegende Stadt auf maximal ein Drittel schätze.

Halifax hat sich in seiner Geschichte stets dadurch ausgezeichnet, ein wichtiger strategischer Standort im Atlantik zu sein. Halifax hat einen kurzen Seeweg nach Europa, und war so Teil des nordatlantischen Vierecks Portsmouth-Gibraltar-Bermudas-Halifax, welches die Briten während ihrer Kolonialzeit im 19. Jahrhundert aufbauten.

(Die Briten hatten zeitweise 25% der globalen Landmasse unter Ihrer Herrschaft(!)).

1874 verlegte Wilhelm von Siemens, der Bruder des Siemens-Gründers Werner von Siemens, das erste transatlantische Seekabel von Irland nach Halifax.

Die Spezialschiffe zum Verlegen und Warten der Kabel hatten in der Folgezeit in Halifax ihren Heimathafen.

Die Übertragung von 20 Worten kostete damals ein durchschnittliches Monatsgehalt. Zeiten, an die sich jeder Telekommunikations-Monopolist gerne zurückerinnert.

1912 liefen von hier Schiffe zur Titanic-Unglücksstelle aus. Viele der Passagiere sind in Halifax begraben.

Im 1. und 2. Weltkrieg hatte Halifax wichtige logistische Funktionen.

Das Pier 21 war von 1928 bis 1971 Eingangstor nach Kanada für mehr als 1 Million Flüchtlinge und Einwanderer. Die Geschichte ist in einem Museum auf dem Pier sehr gut dargestellt.

In BIldern:

Public Gardens:

Zitadelle auf dem Hügel über der Innenstadt mit interessanten Aus- und Darstellungen:

Waterfront:

Farbenfrohe Altbauten:

Ich bin dann noch mit der Fähre nach Dartmouth auf die andere Seite der Bucht gefahren. Mein Reiseführer hatte die Schoko-Croissants im "Two If By Sea Cafe" (das heißt wirklich so) empfohlen:

Hammer! Außen knusprig, innen fluffig, und nicht zu süß. Bestes Schoko-Croissant ever. Kalorienmäßig definitv eine Hauptmahlzeit.

Allerdings war der Cappuccino nicht richtig heiß.

Manchmal ist das Leben schon hart ...

 

 

24Juli
2015

Zebrastreifengesetze, kanadische

In Neuseeland hatte ich schon einmal über die Notwendigkeit für den Fußgänger geschrieben, sich über seine Wertigkeit bei den motorisierten Mitverkehrsteilnehmern im Klaren zu sein.

In Kanada sind die ungeschriebenen und evtl. auch geschriebenen Gesetze ganz klar: Der Fußgänger ist der Chef und hat überall Vorrang.

Am Zebrastreifen sowieso, und auch an allen anderen Stellen. Sobald man als Fußgänger am Straßenrand steht und nur den entferntesten Eindruck erweckt, die Straße überqueren zu wollen, bremsen die Kraftfahrer auf Schrittgeschwindigkeit runter, suchen Augenkontakt, und lassen einen bei Bedarf über die Straße.

Mir gefällt das total gut; nicht der Stärkere nimmt sich sein Recht, sondern man ist freundlich zu den Schwächeren.

Man sollte sich natürlich auch dann noch an dieses Miteinander erinnern, wenn man seinen Mietwagen bestiegen hat.

25Juli
2015

Peggy´s Cove

Von Halifax aus habe ich mich mit einem Mietwagen auf den Weg Richtung Süden gemacht, um die Küste nach all den bunten Fischerdörfern abzusuchen, die da sein sollen.

Die nächste Übernachtung war in Mahone Bay gebucht, welches auch dazu zählt.

Das Wetter war scheußlich: bedeckt, Nieselregen, 19 Grad.

Trotzdem bin ich die Schleife entlang St. Margarets Bay gefahren, u.a. um den Touri-Hotspot Peggy´s Cove zu besuchen.

Ich hatte den Tipp erhalten, mir einen Ort vorher auch Prospect anzusehen. Sehr malerisch hingewürfelt, konnte der Ort aber bei Nieselregen seine Schönheit nicht so recht entfalten.

Es war aber eine Kirche im Angebot, das hat man ja auch nicht so oft.

   

Kurz darauf erreichte ich Peggy´s Cove inkl. seiner 35 Einwohner und dem Vielfachen an Touristen. Sehr nett, und wenn nicht alle englisch gesprochen hätten, hätte ich mich auf einer schwedischen Schäre gewähnt.

 

Auf dem weiteren Weg reiht sich Bucht an Bucht. Viele gepflegte bunte Häuser, aufgelockerter Mischwald, felsige Inseln und Ufer, Boote. Hinter jeder Kurve rechnete ich fest damit, dass nun doch mal ein hässlicher Industriehafen o.ä. kommt, aber nichts dergleichen. Und das über 2 Stunden Autofahrt.

Ein Traum! Chester, Mahone Bay, Lunenburg, alles Vorzeigeorte.

Peggy´s Cove wird allerdings auch in Verbindung mit einem traurigen Ereignis genannt. Im September 1998 stürzte der Swissair-Flug 111 auf dem Weg von New York nach Genf 10 km vor der Küste ab und die 229 Insassen kamen ums Leben. Es hatte einen Kabelbrand gegeben und die Maschine konnte nicht mehr rechtzeitig zum nächstgelegene Flughafen geflogen werden.

In Peggy´s Cove und auf der anderen Seite der Bucht in Bayswater stehen jeweils Memorials, die mit der Absturzstelle am Horizont ein Dreieck bilden.

 

26Juli
2015

Mahone Bay, oder: Raus aus Neuseeland!

In Mahone Bay bzw. 5 km außerhalb habe ich 2 Nächte in dem kleinen Hostel von Greg und seiner Familie verbracht.

Es war sehr ursprünglich und herzlich. Am 1. Abend fand im Garten eine große Grillparty mit einer kleinen Bluesband statt. In der Nacht war der 6-Bett-Raum voll belegt. Am 2. Abend dagegen war ich der einzige Gast. Auch mal nicht schlecht.

Am 2. Tag kam ich mit Greg ins Gespräch. Ich hatte ihn mit seinem Akzent nach Australien verlegt, er stellte sich aber als Neuseeländer heraus.

Ein Neuseeländer in Kanada, wie geht das denn?

"Ich bin 2000 ausgewandert, weil ich nicht wollte, dass meine Kinder in solch einem Land aufwachsen."

("What?!? Wir sprechen hier nicht über Syrien, Afghanistan oder Somalia. Sondern über eines der Top-Auswandererländer???")

"Ja, die Leute sind alle depressiv, und Neuseeland hat eine der höchsten Suizidraten. Jeden Tag verlassen 250 Neuseeländer ihr Land. Das Land macht schon Umfragen, woran das liegt."

Ich verbuche das mal als etwas schräge Ansicht eines Einzelnen.

 

27Juli
2015

Fahrt von Mahone Bay nach Digby

Mit dem nächsten Standortwechsel habe ich das südwestliche Drittel der Halbinsel umrundet. Ich bin im Uhrzeigersinn von Mahone Bay nach Digby gefahren.

Ich gerne gerne irgendwo zwischenübernachtet, aber es gab nichts bzw. nichts in der gewünschten Preisklasse.

Auch im Reiseführer ist nicht so fürchterlich viel Papier geschwärzt zu den auf der Strecke liegenden Orten und Gegenden. Ich wollte sie mir aber trotzdem ansehen.

Wie schon erwartet konnte diese Strecke den sehr hohen Standard und den wohl dahinter steckenden Wohlstand von St Magarets Bay nicht halten. Die Häuser und Straßen alle nicht so super in Schuss, das Geld liegt woanders.

Ein Ort auf der Strecke hat mich dann doch besonders angesprochen:

28Juli
2015

Digby

Nach Digby bin ich eigentlich nur gefahren, weil der Ort auf meiner Umrundungstour der erste war, der wieder ein Hostel angeboten hat. Sogar ein sehr gut bewertetes.

War auch gut, gemütlich, nicht zu groß, viel Holz, freundliche Leute. Allerdings nur 1 Dusche für 20 Leute, das geht gar nicht.

Was sind eigentlich meine Kriterien für ein gutes Hostel?

  • Gute und ausreichende Duschen (s.o.)
  • nichtquietschende Betten, die länger sind als ich, oder ein offenes Fußende haben
  • ein ausreichend großes Fenster im Schlafraum, welches des nächtens für die Sauerstoffversorgung sorgt
  • ein Gemeinschaftsraum, in dem man mit den Mitbewohnern ins Gespräch kommen kann
  • ein Tisch, wo ich mich mit meinem Laptop hinsetzen kann
  • ein Gemeinschaftskühlschrank, in dem für meine paar Sachen auch noch Platz ist
  • Steckdose am Bett.

Alles keine Selbstverständlichkeiten, alles auf einmal man selten.

Digby, 2.100 Einwohner, Welthauptstadt der Jakobsmuschel. Ja, ganz nett, bisschen Ort, bisschen Waterfront, die von den örtlichen Marketingstrategen als "vibrant" (lebendig, pulsierend) beschrieben wird. Die Übertreibung des Jahres, wobei ich gerade etwas verwöhnt bin, was Waterfronts angeht.

Gleich um die Ecke ist Digby Neck, eine 80 km lange und 1 km breite Halbinsel, die an 2 Stellen unterbrochen und durch Fähren verbunden ist.

Ganz am Ende Brier Island, klein, ursprünglich und im Nieselregen und Nebel. Der einzige Wanderweg ist nicht ausgeschildert. Ich habe mir im örtlichen Imbiss einen Kakao und ein Bananensplit geholt, mir den 5 km entfernten Leuchtturm angesehen, und bin wieder zurückgefahren.

Unterwegs habe ich noch den Balancing Rock besucht, 7 m hoch, 1 m breit, der war wirklich gut.

 

30Juli
2015

Bay of Fundy und Truro

Die Bay of Fundy hatte ich bei meinem Besuch von Nova Scotia gar nicht auf dem Zettel. Nun war ich aber da, und das war auch gut so.

Die Bay of Fundy ist die Bucht zwischen der Halbinsel Nova Scotia und dem kanadischen Festland. Sie ist 220 km lang, bis zu 60 km breit und läuft trichterförmig auf den Ort Truro zu.

Hier findet man den höchsten Tidenhub der Welt, bedingt - wie ich gerade nachgelesen habe - durch eine ausgeprägte Tideresonanz. Die Kriterien sind demnach die Wellenlänge der Gezeitenwelle, die Länge der Bucht, und die Überlagerung von Flut- und Ebbewelle durch die Laufzeit der Gezeitenwelle.

Der Tidenhub schwankt zwischen 10 und 16 m. Ich hätte für 2 schöne Fotos gerne einen kleinen Hafen gehabt, an dem am Vormittag die Boote oben schwimmen und am Nachmittag 15 m weiter unten. Den gibt es aber nicht.

Dennoch passten 2 Orte eher zufällig sehr gut in meinen Reiseplan, an denen die Gezeitenphänomene zu bestaunen waren.

1. Ort, der Burncoat Head Park: Hier kann man bei Ebbe sehr gut herumwandern und die weit entfernte hohe Flutkante am Ufer bestaunen.

 

Mir fiel es allerdings schwer mir vorzustellen, dass an dem Ort, an dem ich gerade stehe, in 6,5 Stunden 15 m Wasser über mir sind.

2. Ort, Truro: Dieser Ort, der sonst wenig zu bieten hat, liegt am Ende des Trichters. Hier und auch in benachbarten Orten fließen Flüsse in die Bucht. Bei Flut allerdings fließt die Bucht in den Fluss. Und dies geschieht nicht schleichend, sondern eingeleitet durch eine kleine Flutwelle, die sogenannte Bore.

Dieser folgt ca. eine Stunde lang ein ganzer Haufen Wasser, bis die Strömung zum Stillstand kommt.

 

Hat meine Erwartungen deutlich übertroffen und zu innerlichen Begeisterungsstürmen geführt. Die Bores werden aber minutengenau in einem Kalender vorhergesagt, so dass viele Schaulustige mit mir das Spektakel verfolgten.

 

31Juli
2015

PEI

Prince Edward Island, oder auch Pi-Ih-Ei, wie die Kanada-Insider sagen, ist die kleinste der kanadischen Provinzen.

Und eine Insel, wie der Name ja schon sagt.

Diese Insel hat 2 Verbindungen zum Festland. Von New Brunswick ist PEI über die 13 km lange Confederation Bridge erreichbar. Diese ist von unten recht attraktiv ...

... von oben allerdings hat sie mich ein bisschen an die Schlussszene von "Die Klapperschlange" mit Kurt Russell erinnert.

Nur ohne querstehende Autowracks und Mauer am Ende.

Von Nova Scotia aus kann man PEI über eine 75-minütige Fährfahrt erreichen; dieses habe ich nach 4 Tagen zum Verlassen der Insel genutzt.

Wirtschaftlich gesehen unklug, da man erst beim Verlassen der Insel zahlt. 46$ für die Brücke und 70$ für die Fähre. Also immer über die Brücke die Insel verlassen!

Hat bei mir aber absolut nicht in die Reiseroute gepasst, also 70$ für die Fähre gezahlt.

PEI ist tendenziell eine Ferieninsel, aber auch die Wiege Kanadas und einer der führenden Figuren der kanadischen Literatur "Anne of Green Gables".

Dazu später mehr.