Berichte von 06/2015

18Juni
2015

On the Road again - meine 2. Reise

Ich bin dann noch mal weg ...

Meinen ursprünglichen Plan, Kanada und den Osten der USA zu besuchen, habe ich beibehalten.

Der Hinflug ist Frankfurt-San Francisco-Victoria am 18.06., der Rückflug Boston-Frankfurt am 30.09.

Dazwischen werde ich Kanada von Westen nach Osten bereisen, denke über einen Kurzabstecher nach Alaska nach, schaue mir mit Ingrid Neuengland und New York an, und habe im September abschließend 4 "Jokerwochen".

Ich bin gespannt.

 

18Juni
2015

34H

Ich bin 1,98m groß.

Daher bin ich prädestiniert, dass bei Langstreckenflügen die Sitzreihe vor mir direkt an meinen Kniescheiben beginnt.

Dieses versuche ich zu vermeiden, indem ich die Fluggesellschaft um einen Platz mit mehr Beinfreiheit anfrage.

Dieses Kriterium erfüllen z.B. die Plätze am Notausgang.

Meine Strategie ist, beim Einchecken am Flughafen einer der ersten zu sein - 3h vor Abflug reicht meistens aus - und höflich um einen entsprechenden Sitz zu bitten. Beim Online-Einchecken bekommt man diese Sitze nicht, weil sie diese für akute Notfälle (wie mich) zurückhalten.

Der Flug von Frankfurt nach San Francisco dauert 11 Stunden nonstop. (1 Stunde zusätzlich durften wir im Flugzeug auf die Starterlaubnis (?) warten.)

Beim Einchecken übergab die Dame mir zwar lächelnd die Bordkarte für Sitz 34H, verriet mir aber nicht, ob sie meiner Bitte Rechnung getragen hatte.

Beim Betreten des Flugzeuges war die Spannung dann mit Händen zu greifen. 34H. 34H. 34H.

"34H, bitte linker Gang."

Vorbei an den 1. Klasse-Leuten, die als erste ins Flugzeug durften und es sich schon mal liegend bequem gemacht hatten.

10 ... 20 ... 30 ...

Und dann die Notausgangsplätze mit der Nummer ... 33.

Knapp daneben ist auch vorbei.

Zumindest hatte ich einen Gangplatz, der Platz neben mir war frei, und 2 weiter saß eine Inderin, der die Beinfreiheit Ihres Sitzes vollkommen ausreichte.

Vor mir, am Notausgang, saß eine Dame, die 1,65m groß war.

18Juni
2015

4 Finger

Victoria liegt ungefähr auf der Höhe von Augsburg, habe ich gerade gesehen. Hatte es viel höher vermutet, so auf der Höhe von Südschweden. Weil es hier gerade auch nicht so richtig warm ist, ca. 20 Grad. Victoria liegt aber auf der Höhe von Augsburg. In Augsburg ist es allerdings gerade noch kälter. Erst Mittwoch soll es dort wieder wärmer werden.

New York dagegen liegt auf der Höhe von Rom. Denkt man erst mal gar nicht ...

(Mir gegenüber ein Tisch weiter sitzt gerade ein Mann, der total laut seinen Salat ist. Vorher war es hier im Speiseraum schön ruhig. Jetzt ist er fertig und räumt ab. Gottseidank.)

Victoria ist die Hauptstadt British Columbias und liegt im Süden von Vancouver Island. Dieses wiederum ist eine 500 km lange Insel vor der Westküste Kanadas. Victoria hat 80.000 Einwohner und einen schönen Naturhafen, in dem permanent Wasserflugzeuge starten und landen.

Ich bin über eine Zugfahrt von Nürnberg nach Frankfurt und einen Flug über San Francisco hierher gelangt. Diese Kombination war die beste unter den Aspekten

  • Reisedauer
  • Preis
  • Abflugzeit
  • Ankunftszeit
  • Zwischenaufenthaltsdauern.

Allerdings muss man, sobald man einen Fuß auf US-Boden setzt, die komplette Einreiseprozedur über sich ergehen lassen. Auch wenn man wie ich nur umsteigt.

D.h.

  • vorher ESTA-Antrag stellen und 14$ bezahlen (hatte ich noch von der ersten Reise)
  • Gepäck vom Band holen
  • Einreisekontrolle
  • Zoll
  • Gepäck wieder einchecken
  • mit dem Handgepäck durch die Sicherheitskontrolle.

Das dauert je nach Aufkommen zwischen 30 min und 2 Stunden. Ich hatte Glück und war bald dran.

Beim Einreisen ist die Prozedur

  1. Reisepass zeigen und ausgefüllten Bogen abgeben
  2. Smalltalk über den Einreisegrund
  3. 4 Finger rechts scannen
  4. Daumen rechts scannen
  5. 4 Finger links scannen
  6. Daumen links scannen
  7. Foto machen.

So auch gestern in San Francisco. Zumindest bis Punkt 3. Denn nach "4 Finger rechts scannen" sagte der Grenzbeamte zu mir: "Und jetzt bitte die Brille absetzen und in die Kamera schauen." und machte sein Foto.

"Fertig. Schöne Reise. Tschüß."

"Ääähhhh, halloooo??? Was ist mit den anderen 6 Fingern??? Nehmt Ihr mich als Transitreisenden nicht ernst?!? Oder nur 1 Finger pro Stunde Aufenthalt???"

Die Beantwortung all dieser Fragen konnte und wollte ich nicht einfordern. Sie hatten ja meine 10 Fingerabdrücke schon von den vorherigen US-Besuchen. Vielleicht hat ihr Grenzbewachungsmathematiker ausgerechnet, dass eine Stichprobe mit 4 Treffern von 4 für eine hinreichend große Wahrscheinlichkeit sorgt, dass auch die restlichen 6 Finger stimmen.

Ich bin gespannt auf die nächste Einreise.

19Juni
2015

Packen

Aufs Packen für die Reise hatte ich mich gefreut.

In der Vorfreude, die Fehler vom letzten Mal nicht noch einmal zu machen.

  • T-Shirts für 2 Wochen und nicht für 3.
  • 3 Sweatshirts und nicht 6.
  • 3 Paar Schuhe reichen auch (Normal, Wandern, Sandalen).
  • 1 Jeans reicht.

Ich bin dann lt. Waage der United Airlines in Frankfurt bei 20,0 kg gelandet. 23 kg waren erlaubt. D.h dieses Mal kann ich 3 kg einkaufen.

Das sind 3 kg mehr als letztes Mal.

...

Aber das mit den Socken ist wirklich nicht einfach.

Ich fange im - hoffentlich warmen - Sommer an, Ende September kann es - wo auch immer - schon mal kühl sein. Die Socken müssen auch zu kurzen Hosen aussehen, zum Wandern brauche ich auch welche. Kurzum: Ich habe eine zufriedenstellende Lösung mit halblangen weißen Nike-Socken gefunden. Weiße Socken sind wieder voll am kommen, zumindest jetzt.

Und: Ich bin ja nicht im Dschungel. Wenn mir Socken fehlen, gehe ich einfach in den Laden und kaufe mir welche.

Ist eigentlich ganz einfach.

Falls der Laden Größe 47 hat.

20Juni
2015

Reiseplanung

Wie schon zur 1. Reise bin ich auch dieses Mal mit einem Hinflug, 5 gebuchten Übernachtungen und einem groben Plan gestartet.

Die Komplexität ist allerdings dieses Mal etwas geringer, da ich keine mir komplett fremden Länder wie Fiji oder Costa Rica besuche.

Also alles relaxed.

Dachte ich.

Um zumindest die nächsten beiden Wochen und für danach eine grobe Route mit groben Terminen zu planen, griff ich zu meinem Lonely Planet-Reiseführer "Kanada".

Schlappe 1042 Seiten.

Und auf jeder Seite wird etwas als so toll beschrieben, dass man es unbedingt angucken soll. Zum Glück gibt es auch noch Empfehlungen für "2 Wochen hier", "1 Woche da", "3 Wochen dort". Für die Leute, die nicht 5 Jahre Zeit haben. (Ich weiß, ich hab viel Zeit, aber so viel nun wieder auch nicht.)

Also Mut zur Lücke .... zu vielen Lücken.

Außerdem sind die Mitbewohner hier im Hostel gern bereit, einen an ihren Reiseerfahrungen teilhaben zu lassen.

Also, Yukon und Alaska lasse ich weg, man kommt nur lange (Auto, Zug, Bus, Schiff) oder teuer (Flug) hin,  Zeitaufwand/Nutzen-Verhältnis ist zu schlecht. Dafür nehme ich die "Calgary Stampede" Anfang Juli mit, "The Greatest Outdoor Show on Earth". Dann durch die Rockies zurück nach Vancouver, wohl mit der empfohlenen Zugfahrt Jasper-Vancouver. Edmonton lasse ich weg, soll nicht so toll sein. Dann Flug nach Halifax ganz im Osten. Nova Scotia und Prinz Edward Island ansehen und dann über New Brunswick nach Montreal zum Tennisgucken. Neufundland lasse ich weg, weil wenig los und Zeitaufwand groß. Dann nach Boston zum gemeinsamen Urlaub mit Ingrid in Neuengland und New York.

Kurz nach meiner Reiseplan-Entscheidung treffe ich in der Herbergsküche einen älteren Herren aus Nova Scotia. Der sagt mir, Neufundland müsse man unbedingt angucken, dass sei viel besser als alles andere.

Mist, hatte ich doch gerade ausgeschlossen.

"Ja, da sind die Gebirge viel älter als in British Columbia."

Ach so.

22Juni
2015

Victoria

Meine 4 Tage in Victoria sind nun auch schon vorbei.

Was hat Victoria?

Victoria hat ...

... einen Naturhafen mit dem altehrwürdige Empress-Hotel

... gleich nebenan ein Parlament

... einen Klippenwanderweg mit Blick nach USA

... niedliche Hafenfähren

... und die besten Fish and Chips ever direkt am Wasser mit einer 15m langen Schlange.

Victoria ist insgesamt sehr bunt, sehr hübsch, sehr grün, sehr aufgeräumt. Soziale Härtefälle waren in den 4 Tagen für mich nicht sichtbar.

Heute hat es mich kurz an "Die Truman Show" erinnert.

Aber nur kurz.

22Juni
2015

James Cook, again

James Cook war der große britische Entdecker des späten 18 Jahrhunderts.

Ich habe ihn im Blog schon erwähnt, unter "Neuseeland", und auch unter "Hawaii". Wenn ich über Australien geschrieben hätte, hätte ich ihn dort auch erwähnt. James Cook war überall, wo es schön ist.

Auf Hawaii allerdings ist er von den Einheimischen am 14.02.1779 in der Kealakekula Bay um die Ecke gebracht worden, weil er sich nicht an ihre Gepflogenheiten hielt. Ich habe in meiner 1. Reise diese Bucht besucht, und dort James´ und meinen gemeinsamen Weg abgeschlossen.

WAS muss ich nun sehen, als ich am Hafen von Victoria entlang spaziere? Eine James Cook-Statue!!!

James Cook war nämlich der erste Nichteingeborene, der British Columbia betrat. Das war 1778 auf Vancouver Island.

Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr. Der Mann verfolgt mich. (Oder ich ihn?!?)

Aber das sollte nun wirklich das letzte Mal sein.

Er war nie im Landesinneren, und nie an der Atlantikküste Nordamerikas. Dorthin werde ich mich nächste Woche bewegen.

To be continued ...

22Juni
2015

Transcanada Highway

Der Anfang ist gemacht.

Die ersten 4 km habe ich bewältigt. Zu Fuß.

Es fehlen nur noch noch 7817 km.

Der Transcanada Highway ist 7821 km lang. Er hat keine Richtung, sodass es im Westen in Victoria eine "Mile 0" gibt, und auch im Osten in St. Johns (Neufundland).

Die "Mile 0" in Victoria sieht so aus:

Ich wollte hier eigentlich schreiben, dass ich mir die andere "Mile 0" auch noch ansehen werde, aber ich habe mich ja gegen Neufundland entschieden.

Mal sehen ...

23Juni
2015

Mietwagen einfach komplex

Für die Erkundung Vancouver Islands wollte ich einen Wagen mieten, um flexibel zu sein.

Ich hatte vom Portal billiger-mietwagen.de gehört, probierte es aus, und buchte auch dort.

Sie boten einen Wagen inkl. aller Versicherungen ohne Selbstbeteiligungen für 33 Euro am Tag an.

Das Versicherungsthema hatte mich in Costa Rica traumatisiert, hier wollte ich nichts anbrennen lassen.

Die Kommunikation und Übersendung der Unterlagen per Mail funktionierte sehr gut.

Aus diesen waren dann folgende Vertragsbeziehungen abzuleiten:

  • ich buche den Mietwagen bei billiger-mietwagen.de ohne Selbstbeteiligung
  • billiger-mietwagen.de mietet den Wagen bei CarsandCampers
  • CarsandCampers mietet dann bei National, allerdings mit Selbstbeteiligung
  • sollte ein Selbstbeteiligungs-Versicherungsfall eintreten, soll ich die Selbstbeteiligung zunächst begleichen, und diese dann bei einer Firma namens driveFTI zurückfordern.

Ich sag ja, die ganze Mietwagenindustrie ist maximal undurchsichtig.

Dafür bin ich voll des Lobes für den Anmietvorgang bei National am Flughafen Victoria. Sehr nett, kein überflüssiger Vertrags-Schnickschnack, in 5 Minuten hatte ich meinen schwarzen Mazda 2.

Toll.

23Juni
2015

Parksville und Qualicum Beach

Das nächste Ziel ist Tofino in der Mitte der Westküste Vancouver Islands.

Um nicht den ganzen Tag im Auto verbringen zu müssen, habe ich eine Zwischenübernachtung in Parksville eingeplant. Das ist laut Reiseführer eine nette Gegend für Familienurlaube. Parksville wird immer in einem Atemzug mit Qualicum Beach genannt, und liegt in der Mitte der Ostküste.

Im Hostel in Victoria bin ich mit einem Deutschen aus Rotenburg/Wümme ins Gespräch gekommen, der in die selbe Richtung wollte.

Wir haben uns für 2 Tage zusammengetan, und die Kosten für Auto und Motelzimmer geteilt.

Auf dem Weg nach Parksville - übrigens auch auf dem Transcanada Highway - hat man tolle Ausblicke auf das Festland und die Inselwelt dazwischen.

In Parksville kamen wir bei Ebbe an. Dort gibt es eine Bucht, die man dann sehr schön durchwandern kann.

Ansonsten Campingplätze, ein kleiner Park und einige Kinderbespaßungen. Dem Ort an sich konnten wir nicht so viel abgewinnen.

Dasselbe gilt für Qualicum Beach.

(Prinzipiell stellt sich die Frage, ob man einen Ort nach 2 Stunden beurteilen kann. Hängt sicher von der Größe des Ortes ab. Jemand, der Langwasser gesehen hat, sollte kein Urteil über Nürnberg fällen.)

Qualicum Beach hat allerdings den schönsten Supermarkt der Welt, wie ich finde.

Schon allein deswegen könnte ich da 2 Wochen verbringen.

24Juni
2015

Der Weg nach Tofino

Mit dem tolino nach Tofino ...

Dieses Wortspiel kann ich mir nicht verkneifen, und wollte es eigentlich mit einem Foto meines eBook-Readers vor einem Ortsschild untermalen. Dazu ist es aber dann doch nicht gekommen.

Sowohl die Westküste Kanadas als auch die Westküste Vancouver Islands sind stark zerklüftet und bestehen aus Gebirgen, Inseln und Fjorden. Letztere nennt man hier Sounds oder Inlets.

Tofino liegt an dieser zerklüfteten Westküste Vancouver Islands, und so führt nur der Highway 4 - eine 160 km lange Sackgasse - zu diesem Ort.

Auf dem Weg dorthin passiert man Cathedral Grove und Port Alberni.

Kurz vor Port Alberni durchquert man den McMillan Provincial Park, der im Volksmund auch Cathedral Grove genannt wird. Der Park umfasst 301 ha, und ist für seinen bis zu 800 Jahre alten Baumbestand von Douglasien bekannt (im Englischen Douglas-Fir). Bis dahin hatte ich von diesem Baum noch nie etwas gehört, nun stand ich zwischen welchen:

Die größte Douglasie hier ist 76 m hoch, also durchaus beeindruckend. Einen guten Eindruck des Parks kann man über die kurzen und gut präparierte Wanderwege erhalten.

Obwohl Port Alberni 90 Auto-km von der Küste entfernt liegt, ist es auch mit großen Schiffen über einen Fjord vom Meer aus zu erreichen. Port Alberni hat lange - wie viele Orte hier - von Holz und Fisch gelebt. Gerade versucht es seinen Schwerpunkt auf Tourismus zu verschieben. Die wirtschaftlichen Herausforderungen stechen sofort ins Auge, hier ist es längst nicht so aufgeräumt wie in Victoria.

25Juni
2015

Tofino

Was wird in Tofino für die Touristen vermarktet:

  • Whale Watching (z. Zt. Grauwale)
  • Hot Springs (natürliche kleine Becken mit warmen Quellen)
  • Kayaking
  • Surfing.

Was hätte ich gerne gemacht:

  • Orcas angucken
    (sind aber gerade keine da)
  • mit dem Motorboot oder dem Kayak eigenständig durch die Fjorde fahren
    (die lassen einen aber nicht; ich schätze wegen der vielen Untiefen und der startenden und landenden Wasserflugzeuge).

Trotzdem war es ein toller Aufenthalt

Es begann mit der Unterkunft: Das Hostel liegt mit einem sensationellen Ausblick am Ende des kleinen Ortes.

 

Hier kann man stundenlang in den gemütlichen Sofas des Wintergartens verbringen und den Booten und Wasserflugzeugen in der Bucht bei Ihren Tätigkeiten zusehen.

Am Abend gibt es gratis einen fantastischen Sonnenuntergang dazu.

Tofino hat 1.900 Einwohner, im Sommer verzehnfacht sich die Zahl durch die Touristen. Über verschiedene Programme haben sie ihren Ort in den letzten Jahren tourist-ready gemacht.

Eine pfiffige Idee war das "Customizen" der Zebrastreifen.

Mich würde interessieren, an wie vielen Vorschriften dies in Deutschland wohl gescheitert wäre.

In der Nähe gibt es verschiedene riesige Strände. Die Surfer nutzen die ungebremste Pazifik-Brandung für ihre Zwecke.

Aber bitte in Neopren, das Wasser hat 13 Grad. Nur einige Hardcore-Wasserratten gehen "ohne".

Am Samstag war dann noch Markt.

Es ist einfach nett hier.

Hätte es noch länger ausgehalten.

27Juni
2015

Ucluelet

Ich weiß bis heute nicht, wie man das ausspricht: Ju-slu-lett oder Ju-klu-lett.

Die Touristen sind sich nicht einig, und ich habe versäumt, einen Einheimischen zu fragen.

Auf jeden Fall bin ich da hingefahren, Tagestour von Tofino ohne Übernachtung. Uclulet liegt nämlich 40 km von Tofino entfernt und gilt als die untouristische Schwester.

Man könnte auch sagen: verschlafen. Im positiven Sinn. Oder so.

Auf jeden Fall haben sie mit dem Wild Pacific Trail einen tollen Wanderweg geschaffen, der einem ambitionierten Hobbywanderer wie mir viel Spaß bereitet.

Allerdings bekommt man am Freitag Nachmittag um 17h im Ort keinen Kaffee, weil die Cafés alle um 16h schließen.

Ich sag´ ja: ...

28Juni
2015

Heavy Metal im Comox Valley

Von Tofino bin ich nach Cumberland umgezogen.

Dieses liegt in der Mitte der Ostküste Vancouver Islands zusammen mit den Orten Courtenay (das "e" spricht man nicht) und Comox im Comox Valley.

Laut meines Reiseführers ist das Hostel hier "eines der besten Hostels in British Columbia".

Ich kann das bestätigen: supernettes Personal, polierte Holzdielenböden, ein großer Aufenthaltsraum mit Billard und Darts, kleine gepflegte Bäder und großzügig geschnittene 6-Bett-Zimmer mit guten Doppelstockbetten. Und das alles für 20 Euro die Nacht.

Ich vergaß: schräg gegenüber die Dorfbrauerei mit eigener Gaststätte und toller Pizza.

Sonntag Nachmittag habe ich dort eingecheckt und bin dann gleich mal 15 Autominuten ins benachbarte Courtenay gefahren. Courtenay hat 35.000 Einwohner und macht auf mich einen gutbürgerlichen Eindruck.

Es hat einen kleinen Park mit einer überdachten Bühne und einem Zuschauerhügel. Ein Parkplatz ist gleich nebenan.

Beim Vorbeifahren sah ich, dass dort musiziert wurde und ein Sonntags-Nachmittags-Publikum zwischen 7 und 70 auf dem Hügel den Musikanten lauschte.

Ich nutze den Parkplatz zum Abstellen meines schwarzen Mazda 2.

Als ich die Autotür öffnete hörte ich: Heavy Metal.

Ich sah mich um, die anderen Menschen schienen etwas anderes zu hören. Ein Blick auf die Bühne bestätigte aber meinen Audio-Eindruck: 4 Metaller standen auf der Bühne und trugen ihre Werke vor.

Ich setze mich 10 Minuten zu den Mithörern, musste dann aber ob des auf mich einwirkenden Klangteppichs kapitulieren.

Mein Mazda 2 und ich verließen diesen surrealen Ort des Geschehens.

Später in der Zeitung laß ich, dass diese Veranstaltung ein Wettbewerb für Nachwuchsbands war namens "Battle of the Bands".
(So klang es auch.)

Die vortragenden Musiker schienen die Gewinner des letzten Jahres zu sein, und die eröffnenden Interpreten.

Ich gehe davon aus, dass die Zuschauer einfach hofften, dass es schnell vorbei ist und die nächsten Musiker eines differenzierteren Musikstils frönten.

Ansonsten wäre mein Bild Kanadas erschüttert.

28Juni
2015

Cumberland

Cumberland, der Ort meines Hostels, hat 3.400 Einwohner.

Einige Geschäfte in der zentralen Geschäftsstraße stehen leer. Cumberland hat früher von Kohlebergbau gelebt, tut es heute aber wohl nicht mehr. Es wirkt auf den ersten Blick verschlafen und unattraktiv.

Scheint es aber wiederum nicht zu sein, wenn man genauer hinguckt.

Cumberlands Einwohnerschaft ist zwischen 2006 und 2011 um 23% gewachsen. Die leerstehenden Geschäfte scheinen wohl einige der letzten zu sein, noch vor einigen Jahren standen 50% der Geschäfte leer.

So klärt mich eine Kanadierin auf, die im Hostel arbeitet. Und sie wohne in Comox und will unbedingt schnell herziehen, weil es hier so hippiemäßig sei.

Eine weitere Angestellte des Hostels ist eine Deutsche ca. Mitte zwanzig, die bei einer Kanadareise hier hängengeblieben ist. Sie hat einen Master in Physik, aber nach dem Studium für sich entschieden, dass Sie mit einem 4-Tage-Hosteljob in Cumberland erst einmal Ihr Glück gefunden hat. Respekt.

Die ersten beiden Nächte war ein 23-jähriger Schreiner aus Deutschland mit in meinem Schlafsaal. Er war mit schlechten Englischkenntnissen vor 4 Monaten nach Kanada gekommen und hat auf verschiedenen Farmen gejobt. Auf der letzten hat er sich aus alten Rädern ein Fahrrad zusammengeschraubt, mit dem er jetzt auf Vancouver Island unterwegs war. Er wollte noch nach Tofino und dann nach Victoria. Das sind gute 500 km. Teilweise sind Bergketten zu überqueren.

Sein Fahrrad hat nur 1 Gang, da die Teile nicht mehr hergegeben haben.

Habe mich total wohlgefühlt in Cumberland.

 

29Juni
2015

Campen am Mount Washington

Nein, ich war nicht Campen.

Ich bin kein Camper. Das ist genetisch bedingt. Mein Eltern waren und sind keine Camper, meine Großeltern waren es soweit ich weiß auch nicht. Mein jüngerer Bruder hat diesen "Fluch" inzwischen durchbrochen und ist begeisterter Wohnmobiler.

Von Cumberland aus habe ich eine Wanderung gemacht. Hierzu bin ich zunächst mit dem Auto zum Mount Washington gefahren. Dieses ist ein 1.585 m hoher Berg, der im Winter als Skigebiet dient. Im Sommer bietet er einige schöne Wanderungen.

Innerhalb dieser Wanderungen befinden sich einige "campgrounds". Ich möchte dies nicht mit Campingplatz übersetzen, weil dieser Begriff völlig falsche Assoziationen weckt.

Diese Campgrounds sind ausschließlich zu Fuß zu erreichen, mit Fußmärschen von mindestens 1 Stunde. Und sie liegen direkt an kleinen Gebirgsseen.

Das Faszinierende für mich war, dass auf dem Campground für die Wege und die Plätze der einzelnen Zelte Stege auf den Grund gebaut worden waren.

D.h. keine Feuchtigkeit von unten und ebener "Baugrund" zum Aufstellen des Zeltes und zum Schlafen.

 

Von 20 Plätzen waren 4 belegt. Blick auf den See und absolute - wirklich absolute - Stille. Ein kleines modernes Toilettenhäuschen dabei, das war´s. Keine Pommesbude, keine Wohnwagen, keine Dauercamper mit Zaun ums Grundstück, keine Satellitenschüsseln, keine Party.

Ein Kanadier war 4 Tage da mit seinem kleinen Sohn. Zeigen, dass es eine Welt außerhalb des Computers gibt.

Habe total Lust bekommen, mir ein Zelt zu holen und zu bleiben.

 

30Juni
2015

Campbell River und Quadra Island

Eine Tagestour Richting Norden nach Quadra Island:
Die Insel kann man von Campbell River mittels einer 10-minütigen Fährfahrt erreichen und wurde in meinem Reiseführer v.a. für Mountainbiker angepriesen.
Der Ort Campbell River liegt 50 km oberhalb von Cumberland und hat den Ruf, der nördlichste Teil der Zivilisation Vancouver Islands zu sein. (Die wenigen Bewohner der 200 km darüber sehen dies vermutlich anders.)
Campbell River ist über den Highway 19, auf dem man sogar 120 statt der üblichen 80 km/h fahren darf, gut erreichbar. Die Stadt macht ähnlich wie Courtenay einen positiven ersten Eindruck.

Ich fahre gerne Boot und hatte mir auch von der Fährfahrt Vergnügen erhofft. Allerdings war die Fähre älteren Baujahrs und auf die Kfz-Abmaße der 80er Jahre ausgelegt. D.h. zwischen den heutigen Fahrzeugmodellen war so viel Platz, dass ein Schlangenmensch bequem aus- und einsteigen konnte.

Zumindest stand ich nicht wie die meisten anderen zwischen den beiden Stahlaußenwänden sondern hatte vom Auto aus nahezu freien Blick auf die Umgebung.

Auf Quadra Island (2.000 Einwohner, 30 km lang, 5 km breit) wollte ich mir ein Café mit schönem Ausblick suchen und dann nach Besichtigung der weinigen und kleinen Orte etwas wandern gehen, ebenfalls mit schönem Ausblick.

Es stellte sich allerdings heraus, dass Quadra Island ein Wald ist. D.h. auf der gesamten Insel stehen hohe Bäume, außer an den Stellen, wo ein Haus steht oder eine Straße verläuft. Oder ein Leiuchtturm leuchtet.

1 Strand mit öffentlichem Zugang habe ich auf einer kleinen Halbinsel gerade noch gefunden, alle anderen scheinen durch Privatleute oder die wenigen Hotels besetzt, oder nur über lange Schotterstrecken erreichbar (s. Costa Rica).

Ich habe mich 3 Stunden über die Insel bewegt und außer Bäumen nichts gesehen. Man befindet sich mutmaßlich mitten in einem Ort, und sieht die Häuser nicht, weil sie sich sämtlich hinter den Bäumen verstecken!

Es wurde klar, dass dies wahrscheinlcih eine tolle Insel für Mountainbiker ist, aber keine für Cardriver.

Im Visitor Center im Comox Valley hatte ich die Dame gefragt, ob man auf dem angepriesenen Wanderweg eine schöne Aussicht habe.

"Yeah, at the end."

Nächstes Mal lese und höre ich besser zwischen den Zeilen.

30Juni
2015

Auto again

Ich habe ja diesen schwarzen Mazda 2 für 11 Tage gemietet, um unabhängig von öffentlichen Verkehrsmitteln die Insel erkunden zu können.

Ich mag ihn wirklich, er ist ziemich neu (11.000 km), ich kann gut drin sitzen, ich komme über die Inselberge, und er hat alles, was ich benötige.

Allerdings wird in Westkanada vorzugsweise Pickup gefahren, und die Dinger sind teilweise so groß, dass selbst ein BMW X 5 daneben wie ein Kleinwagen erscheint.

 

Mein Auto ist nahezu das kleinste, welches hier rumfährt.
(Ab und zu sieht man einen Smart, aber das war´s dann auch.)

Also sehe ich mich doch mal um, ob es nichts Passenderes für mich gibt.

Ganz klassisch vielleicht einen Chevy ...

 

... oder doch etwas für´s Auge.

 

Dann stieß ich bei der örtlichen Feuerwehr auf diesen roten Flitzer von 1934, und bin gleich mal probegefahren.

 

"Ja, der ist in Ordnung, mit dem muss ich mich vor keinem Pickup verstecken, den nehme ich."

"Wie ... der wird morgen bei der Canada Day Parade benötigt?!? Na guuut, dann bleibe ich halt bei meinem Mazda."

Der Vermieter am Flughafen würde sich wohl auch wundern, wenn ich ihm den Roten auf den Hof stelle.