29Januar
2015

Wanganui

Seit gestern sind wir getrennt. Es war ein kurzer, emotionsloser Abschied.

"Yeah, everything seems to be ok, Ingo. Do you need a taxi?"

"Nein ich laufe, hab´s nicht so weit."

Der Mitarbeiter von apexrentals in Wellington hat das einzig Richtige getan, nämlich "tschüß und weg". Bevor die ganzen Emotionen der gemeinsamen Erlebnisse der letzten 11 Tage wieder hochkochen.

Da stand er nun, "Nissi", wie ich meinen Nissan Tiida Latio inzwischen liebevoll genannt habe.

Das Mietwagengeschäft ist schnelllebig, und lässt keine langen Trennungsphasen zu. Nach einer kurzen, oberflächlichen Wäsche wird er wohl innerhalb nur weniger Stunden eine neue Beziehung eingehen.

Vollgetankt hatte ich ihn ja, 50 km vor Wellington, so dass die Nadel bei der Übergabe gerade noch auf "Full" stand.

Das Konzept des Nissan hatte ich erst spät verstanden: Nissi war eine Rennsemmel. Auf jegliches überflüssiges Gewicht wie für Schminkspiegel auf Beifahrer- und Fahrerseite, Bordcomputer, Tempomat wurde verzichtet. Damit konnte Nissi seine mutmaßlichen 115 PS ungebremst auf den Asphalt bringen. 6,5l auf 100km, als Benziner mit Automatik, das soll erst mal einer nachmachen. Und das in seinem Alter.

Viele haben uns nicht überholt auf den kurvigen Steigungen Neuseelands.

Aber das ist nun Geschichte.

...

Das letzte gemeinsame Erlebnis hatten wir auf dem Weg von New Plymouth nach Wellington in Wanganui, das ist im Westen. (Nicht zu verwechseln mit Mt. Maunganui, einem Ort im Osten.)

Ein bisschen vergessen aufgrund der Lage, aber das schönste Stadtbild, welches mir hier bisher begegnet ist. Die haben es mit dem geschickten Einsatz von Bäumen und Pflanzkübeln geschafft, dass man mit einen Lächeln in ihre Einkaufsstrassen einfährt.

Beim Einbiegen in die Straße bemerkte ich ein Schild (weiße Schrift auf blauem Grund) "Multibay Metered Parking Zone". Na meinetwegen, dachte ich, und fuhr in die erste freie Parklücke. Es fand sich auch gleich ein Parkautomat, welcher aber meine Münzen nicht wollte. Da keiner der Mitparker ein Ticket im Fenster hatte, ging ich davon aus, dass hier nicht kontrolliert wird und schließlich meines Weges.

Beim obligatorischen Capuccino unter freiem Himmel bemerkte ich eine ältere Dame in einer politessenähnlichen Uniform. Während mein Puls in die Höhe stieg, tat die Dame etwas, was mich als Zentraleuropäer komplett überforderte: Sie ging zu einem der Parkautomaten, drückte einen Knopf, nickte, und ging weiter. Was ist das denn?!? Richtig oder gar nicht!!! Willst Du denn nicht alle aufschreiben, die kein Ticket gelöst haben, also alle???

Nachdem ich schnell meinen Capuccino geleert hatte, und mich - die Politesse nicht aus den Augenwinkeln verlierend - auf dem Weg zu meinem Auto machte, riskierte ich einen genaueren Blick auf einen der Automaten. Und drückte einige Knöpfe. Und las den Text auf dem Display. Und verstand das Prinzip!

Multibay Metered Parking: Jeweils 5 Parkbuchten sind von 1 bis 5 nummeriert und mit einem Parkautomaten versehen. Beim Bezahlen muss man zunächst die Nummer seiner Bucht eingeben, und dann die Münzen einwerfen. Man bekommt auch kein Ticket, sondern der Automat weiß ja, wie lange ich Parken darf. Und sagt es der Politesse auch für die jeweiligen 5 Buchten, wenn sie einen bestimmten Knopf drückt.

Wie sich Bilder doch verändern können, wenn man die Geschichte dahinter verstanden hat ...

(Ich habe mich so gefreut, das Prinzip verstanden zu haben, dass ich es gleich einem Engländer erklärte, der ob der durchfallenden Münzen verzweifelt vor seinem Automaten stand.)