31Januar
2015

Wellington

Die Rezeptionistin schaut in Ihren Computer und lächelt mich an: "Sie haben da aber ein schönes Zimmer, es hat sogar ein Fenster!"
Ich habe in Wellington "in the middle of everything" zwischen Shopping- und Kneipenviertel ein kleines Appartment für 3 Nächte gebucht. Es ist modern und sauber, und hat sogar ein Fenster. Deckenhoch, davon die unteren 90% Milchglas, und 30 cm breit.
Wie ich später bei einem repräsentativen Blick in ein Nachbarzimmer feststellen kann, haben diese ebenfalls Fenster. Nur ist maximal eine Armlänge davor eine Wand, die Tageslicht nur erahnen lässt.
Auf was man alles achten muss. (Gibt es im Hotelsuche-Filter bei Tripadvisor inzwischen die Kriterien "Fenster" und "Tageslicht"?)

Wellingtin mit seinen 190.000 Einwohnern ist die Hauptstadt Neuseelands und liegt an der Südspitze der Nordinsel. Gestern habe ich ein Führung durch die Regierungsgebäude "Beehive" (Bienenkorb, wg. seiner Form) und Parliament House mitgemacht.

Alles sehr britisch-konservativ (worauf ich ja total stehe), wobei sie 1996 ihr eher britisches Wahlsystem geändert haben zu einem dem deutschen sehr ähnlichen. Dies hat dazu geführt, dass statt 2 nun 7 Parteien im Parlament sitzen.

Für mich als Deutschem mit einer von Lobbyismus geprägten Regierungspolitik war v.a. der Prozess zur Verabschiedung neuer Gesetze erhellend: Dieser sieht statt eines "Bundesrates" ein entsprechendes Kommitee mit ca. 12 Mitgliedern vor. Gesetzesentwürfe können durch jedes Parlamentsmitglied eingereicht werden. Die Entwürfe werden grundsätzlich zur Diskussion in der Bevölkerung publiziert. Vor der Verabschiedung kann jeder, nach einem entsprechenden Antrag,  vor dem Kommitee seine Meinung dazu formulieren. Dabei genießt er parlamentarische Freiheit, kann also für seine Aussagen dort nicht belangt werden.

Lobbyismus, wie wir in Deutschland ihn kennen, gibt es hier nicht. Wenn also Siemens ein Gesetzesentwurf nicht gefällt, dann kann Herr Kaeser dem Kommitee vorsprechen. In anderen Fällen ist es auch mal ein 12-jähriger Junge, der etwas zum Wahlfang in der Antarktis sagen möchte, wie schon geschehen.

Gibt es tatsächlich noch Ecken in der westlichen Welt, die nicht von Kapital regiert werden?
...
Auch woanders gab es schon Anzeichen dafür.
In Hobbiton nehmen sie für ein Souvenir-T-Shirt umgerechnet 27 Euro. Bei einem doppelten Preis, den man von ähnlichen Institutionen gewohnt ist, würden sie nicht viel weniger verkaufen. Sie nehmen aber nicht den doppelten Preis.

Die Führung durch die Regierungsgebäude war kostenlos, ebenso der Eintritt in das fantastische Te Papa-Museum in Wellington.

Sehr angenehm.